Der Montagswhippet

 
Berlin, Pankow 2015


Ja, genau. Ihr habt richtig gelesen!         

                    " M O N T A G S W H I P P E T "

So und nicht anders bezeichnet mich mein Frauchen, wenn es mal wieder zum Tierarzt geht. Dies war in den letzten Jahren häufiger der Fall. Wir sind quasi Spezialisten was bundesweit die besten Tierärzte für Windhunde und deren zarte Pfoten betrifft und könnten Beraterhonorare verlangen, da uns Menschen scharenweise kontaktiert haben, um zu erfahren, wie und ob wir diesem nervigen "corn" Herr geworden sind. 



So sieht das Corn aus. 
Es wurde mit der Zeit größer und schmerzhafter. 


Ok. Ich fange von vorne an. Dies wird jetzt ein längerer Bericht über mein mehr als vier Jahre andauerndes Martyrium. Im Sommer vor vier Jahren, also 2017, nach unserem Umzug weg von der pulsierenden Weltmetropole Berlin und meinem trendigen Kiez "Kreuzkölln" ins traute Kirrlach, in der badischen Provinz, tat mir beim Laufen auf kleinen Steinchen die rechte Pfote weh. Mami fiel auf, dass ich sehr unrund lief. Da sie immer sehr besorgt um meine Gesundheit ist, eilte sie zum hiesigen Tierarzt um zu überprüfen, ob ich mal wieder in eine Glasscherbe getreten bin. Dieser sehr ruhige, wortkarge Mensch konnte nichts entdecken. Schmerzmittel in Form einer Spritze ist das gängige Mittel der Wahl bei diffusen Schmerzen beim Hund. Leider war dies erfolglos. Auch ein Röntgenbild und weitere Untersuchungen brachten keine Klarheit. Mami war der festen Überzeugung, dass sich ein winziger Fremdkörper im Ballen versteckt haben muss. Im November des selbigen Jahres schnitt der wortkarge Mann den Ballen auf. Außer einer weißlichen Flüssigkeit vermochte er nichts zu finden. Zu seiner Verwunderung heilte die Wunde sehr gut und schnell ab und ich hatte tatsächlich einige Monate keine Schmerzen mehr. Rennen, spielen und laufen machten mir wieder große Freude. Im Frühjahr 2018 piekste es wieder beim Laufen. Der Schmerz wurde von Woche zu Woche schlimmer. Frauchen stellte fest, dass ich besonders auf körnigem Boden und Asphalt anfing zu lahmen. Auf weichen, saftigen Wiesen und Feldern gefiel es mir besser. Von da an gingen wir kaum noch auf festem Boden. Alle Wege, die uneben oder hart waren, sind wir umgangen, um nur die weichen Waldwege zu nutzen. Manchmal war das ganz schön umständlich.
 


Meine Zehe nach der zweiten Sehnenkappung. 


Schon damals hatte Mami viel recherchiert und ist auf die Facebook Gruppe "Greyhounds with corn" gestoßen. Sie hatte einen schwarzen Punkt in einem kreisrunden Belag auf meinem Ballen entdeckt. Die Tierärzte nahmen sie nicht ernst. Im Frühjahr 2019 wurde ich unter Narkose in eine Röhre geschoben. Der Arzt in Wiesloch meinte, ich könnte Arthrose haben. Also die Abnutzungserscheinungen. Der hat sie doch nicht mehr alle. Ich war gerade mal sechs zarte Windhundejahre alt. Wie ich mir schon gedacht hatte, wurde nichts gefunden. Allerdings hat Mami die Chance genutzt, mich zu entmannen!! Schon seit geraumer Zeit hatte ich Schmerzen beim "Pullern". Es kam auch immer öfter Blut. Medikamente haben nichts bewirkt. Da ich schon immer ein triebiges Kerlchen war und sehr gerne, zu häufig überall mein Beinchen hob, da wo es gut duftete, nahm mir dies mein Pullermann übel. In der Fachsprache sagen die Menschen "ausschaben". Das Beste war dann wohl, dass ich meine B I G  
B A L L S opfern musste, um nicht noch beim Prostatakrebs zu enden. Kurz danach fanden mich alle Möchtegern Rüden zum Anbeißen. Denen zeigte ich erstmal, wie ein Windhund sich wehren kann! Manchmal muss ich noch ordentlich Theater an der Leine veranstalten, aber so langsam hat's auch der Letzte im Viertel kapiert. 


                                            

            Hier mit Abigail in Waldkirch beim Fußballspiel. 

                    Seht ihr meine coolen Schuhe! 💪😅


Meinem Ballen hat dies keine Besserung gebracht. Frauchen hat sich im September 2019 durchgerungen, die Dornwarze operativ in Sinsheim entfernen zu lassen. Nicht, dass ihr denkt, sie wechselt wahllos Tierärzte. Nein, dies passiert immer erst nach intensiver Recherche und Beratung und auf Empfehlungen. Leider war Sinsheim ein Griff ins Klo. Der halbe Ballen wurde mir bis tief runter raus gestanzt, damit die blöde Warze bloß nicht wieder kommt. Fast drei Monate musste ich mit Schiene bis zum Ellenbogen durch die Gegend humpeln. Gebracht hat es gar nichts. Ich hatte immer noch schlimme Schmerzen beim Laufen und die Stelle am Ballen war komischerweise gleich wieder da. 

Frauchen war verzweifelt. Sie zog langsam in Erwägung eine neue Methode in Erwägung zu ziehen. Ein englischer Arzt kappt beim Windhund die Sehnen des betreffenden Ballens, damit die Zehe hoch steht oder flach aufliegt. Hiermit soll der Druck vom Ballen durch die Warze genommen werden. Zwei Empfehlungen bekam sie. Ein Arzt in Leverkusen, einer in Regensburg. Am 2. Januar 2020 fuhr sie mit Oma, Abigail und mir nach Regensburg. Der freundliche Arzt machte uns viel Hoffnung. Und tatsächlich: Nach der OP lief ich auf allen Vieren, ohne zu lahmen aus der Klink. Bis auf, dass ich die Narkose nicht so gut vertragen habe und mir nach der OP noch eine Platzwunde in der Klinik zugezogen habe, war ich glücklich. 

Nach vier Monaten hatte ich wieder so ein Pieksen auf hartem Asphalt. Mami traute ihren Augen nicht! Das Humpeln war wieder da. Es wurde von Woche zu Woche schlimmer und die Verzweiflung war groß. Wie konnte  das sein? Ja, die Warze ist nie ausgefallen. Aber weshalb brachte sie mir wieder Schmerzen. Den Sommer über probierten wir alle möglichen Modelle an Hundeschuhen aus. Richtig toll, saß keiner. Verschiedenste alternative Methoden, wie einweichen und rausschälen des Corns oder Warzenmittel, Thymianextrakt, Silberwasser und vieles mehr, probierte Mami aus, damit ich die Warze loswerden konnte. Ende Oktober 2020 fuhr sie nach Berlin. Dort gab es eine Ärztin, die herausgefunden hatte, dass man die Nerven an der betreffende Zehe kappen könnte. Da wäre der Schmerz einfach ausgeschaltet. Dies wollten wir ausprobieren. Ich fand's sie sehr sympathisch und gab mich vertrauensvoll in ihre Hände. Sie kappte noch eine Sehne und zwei Nerven. Abends blutete ich stark nach, so dass wir nochmal in die Praxis mussten. Mal wieder haben wir im Hotel übernachtete, was ich gar nicht so toll finde. Aber auch jetzt hatte ich kaum noch Schmerzen. Ich konnte nach kurzer Zeit wieder auf vier Pfoten gehen und wunderbar mit meine Ball spielen. Leider zog ich mir vier Wochen nach der OP einen Kreuzbandanriss zu und so konnte ich die vier Monate, in denen die OP Erfolg zeigte, kaum genießen. 

Auch jetzt hatten wir keinen langfristigen Erfolg. Mami war sooo ratlos und ich konnte ihr auch nicht weiterhelfen. Mir tat einfach das Auftreten wieder furchtbar weh. Ein Positives gab es: Ich bekam super trendige Windhundschuhe aus Australien! Ja, ihr habt richtig gelesen. Import aus Australien. Und die schauen mal fesch aus. Ich habe gleich mehrere Farben bekommen. Blau, Beige, Grau, Lila und Neongelb. :-) Da mein Rücken aufgrund der Humpelei auch schon in Mitleidenschaft gezogen wurde, habe ich ganz oft Physiotherapie und auch schon chiropraktische Behandlungen bekommen. Ja, ich bin ein ganz schön verwöhntes Kerlchen. 

Frauchen dachte sich, wir müssen uns einfach damit abfinden. Alles hat sie versucht, aber der Ballen wird einfach nicht mehr. Leider lief ich im Laufe des Jahres immer schlechter und verschiedene Seiten rieten uns zur Amputation des Zehen. Bei diesem Gedanken wurde uns ganz schlecht. Nein, so was kam überhaupt nicht in Frage. 

Fortsetzung folgt.....  "The three toed Whippet" 

Heute gibt es zwei Blogbeiträge. Dies hat auch einen Grund! Lest nach. 




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